Ich. Bin. Ein.
Öffentlicher. Mensch.
Unverzichtbar.
Und durch meine Wichtigkeit.
Nicht gerichtbar.
Ich bin profitverstiegen,
Ich bin nahezu 24/7
ausgebucht,
mein Sozialleben knabbert
konstant am Hungertuch
Ja, ich weiß,
mein neokapitalistisch
masochistischer Eifer,
macht mich vielleicht
etwas reicher,
Aber garantiert
chronisch urlaubsreifer
Und weil ich so on demand bin,
nie mal nur allein oder nur zu zweit,
dann, wisst ihr was
– time is money und geld is ja da –
zahl ich halt auch für
meine Quality-Time,
und klebe nicht fest an
diesem Alltagsleim aus
Einkaufstüten tragen,
in der Schlange stehen
und dreißig Meter spät
noch zum Edeka gehen
Denn wer hat ihn schon gerne,
immer diesen Widerstreit
zwischen Quality-Time
und Care-Arbeit
Wär‘n wir nicht alle gern mal
gänzlich befreit
von dieser plagenden
Alltagsverantwortlichkeit?
Keine Zeit mehr aufopfern
fürs Topfpolieren
sondern sowas Banales
einfach gleich
in den Hades delegieren,
um sich am Ende immer eins
– den Plan –
nicht zu ruinieren
denn, was stört schon mehr
beim Selbstooptimieren,
als WurstBrote schmieren
und Essen einfrieren?
Denn das ist lästig,
das macht mich low,
das unterbricht meinen workflow
und stiehlt
meinem Ego
die Show
Denn
Wenn meine Alltagskompetenz
abends vorm blanken Kühlschrank
zusammenfällt, dann rettet diese Welt
nur noch einer
– nämlich mein
Lieferheld
Das sind dann die Menschen,
die ich wirklich brauche,
wenn ich mit Burnout
auf dem Business-Zahnfleisch
krauche
Und wenn meine müde Hand
über den Cuattro-Formaggi-Rand
streicht,
die mir gerade noch von einer anderen
verschwitzten
gehetzt aber sehr sehr nett
überreicht wurde
Dann denk ich mir:
„Was reden nur alle vom Klassenstreit?!
Da Ergänzt jemand doch nur lieber meine
durch seine Lebenszeit!“
– Common baby, be my slave tonight!
Das sind wunderbare Menschen!
– Menschen, die ja sagen,
nicht mehr nachfragen,
auch nicht nachträglich sind,
sondern nur Nachtisch auftragen
Von unsichtbarer Hand
algorithmisch verplant
– Alltagshelden
per Knopfdruck
und On demand
Lass mich dir doch noch
etwas Zeit abzapfen
Durch Läden stapfen
Du verwirkst dein knappstes Gut,
indem du mich weiter begüterst,
… Doch
Bin ich dann noch wahrer Alltagsheld?
Wenn ich meine Tüten mit meinem Einkauf,
die Treppenstufen
hinauftragen lasse,
nicht ansatzweise knapp bei Kasse,
aber dahinter anstehen?
Nein!
Das unterschritte meine Klasse!
Lieber neofeudal schwelgen
als alltagsbanal versagen,
Besser, den Selfcare überweisen
als Eigenverantwortung zu tragen
Denn – mal ernsthaft –
in dieser effizienzverschränkten Zeit
denken wir nur noch im binären Widerstreit
Mit unsren Bestellzetteln
satteln wir Knappen der Bourgeoisie
– haltens für Autonomie,
Lifestyle in Eigenregie
Zwei Klicks auf dem Display
und PayPal Transfer,
Geduldsfadenrisse zwecks
fremdbestimmtem Pizzaverzehr
– keine Gewissensbisse
beim genüsslichen Outsource-Essen,
denn – immerhin
wurden die Pepperoni vergessen
Kein Blick auf
Boten mit Rucksack,
Großstadt, Straßenverkehr,
kämpfen sich schleppend durchs
blecherne Abgasmeer
an dessen Ufern
auf sonnenbeschirmten Balkonen
die Jobnomaden
nahrungserwartend thronen
und unter ihnen
Ein verbindendes Netz
aus Futterboxen
Rucksackbeladen,
und monoton,
ohne Altervorsorge und mit lachhaftem Lohn,
strampelt sich durch die zähe
Großstadtelitenmelasse,
eine neue Digitalware
moderner Dienstbotenklasse
– entstanden im Juni/Juli 2022 –