Stadt. Bei Nacht. Winter
Und ich atme die Nacht ein
Lasse die minus drei Grad
durch die Naht meiner Jacke kriechen
Meine Nase verdieseltes Stadtmoschus riechen
Meine Sohlen tasten verstohlen
das Pflaster, regenfeucht, neonleuchtende
Pfützenraster sprenkeln die Straßen und Gassen
Ich bleibe stehen, umgeben von wabernden Massen
aus busseverpassenden Frustgrimassen,
hälseverränkenden Großstadtgiraffen,
smartphoneversenkten Instagrammaffen,
Gräser verpaffenden Träumern,
kläffenden Streunern hinter Zäunen
Baumelnde Schuhpaare an blattlosen Bäumen
Und du –
tausendundein Stadtgesicht
in rot grün gelbem Rampenlicht
Sehe ich das, was du grad siehst?
Den Strom aus Blech,
der uns umfließt
Balkongirlanden an Beton
Der grün hinter den Ohren sprießt,
Und bunt umwickelt wie Bonbon
wurmt sich die Tram
durch den Kokon
aus menschenwirren Straßennetzen,
und Pendler nehmen Platz auf Plätzen
mit halbzersetzen teils zerschlissnen
Polstersitzen
Hackenspitzen schnitzen
neue Narben in die Pflastersteine,
nassgeweinte Kinderbacken wachsen
fest an Fensterscheiben,
Mamas gehen, Papas bleiben,
fremde Mäntel, Hosenbeine
steigen zu
Hundeleinen wie Nabelschnuren an
Handgelenken mit Armbanduhren
– entstanden im Januar 2022, Potsdam –